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Amerika,  Reiseblog

USA: Obdachlos in Seattle

Wer im Internet nach Reisetipps für Seattle sucht, stößt sofort auf einen Filmtitel: „Schlaflos in Seattle“, eine Romanze mit Meg Ryan und Tom Hanks aus dem Jahr 1993. Natürlich habe auch ich den Film damals im Kino gesehen und hinterher Reisepläne für die USA geschmiedet. Viel Zeit ist seitdem vergangen, doch gestern sind wir in Seattle angekommen. Für mich ist es die erste Reise in die Vereinigten Staaten, Wolfgang dagegen war schon ziemlich oft hier – einmal auch in Seattle. Für ihn ist es deshalb nichts Neues, für mich schon: Überall in der Innenstadt gibt es Obdachlose. Männer und Frauen, Alte und Junge, Schwarze und Weiße.

Obdachlos im reichen Land

Schon morgens sehen wir sie in den kleinen Zwischenräumen der großen Einkaufsstraßen. Sie liegen noch schlafend im Eingangsbereich eines Parkhauses. Sie sitzen mit einer Gitarre auf den Stühlen eines Cafés, das noch nicht geöffnet hat. Sie stehen bettelnd an einer Ampel.

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Im Lauf des Tages fallen uns auch etliche Polizisten auf, die immer in Zweierteams mit dem Fahrrad in der Innenstadt unterwegs sind und Menschen ohne festen Wohnsitz kontrollieren. Sie zeigen Präsenz und sorgen für ein Gefühl der Sicherheit. Und manchmal helfen sie auch – gleich zweimal sehe ich heute Polizisten, die einen Krankenwagen rufen, weil ein Obdachloser kollabiert ist.

Die Ambulanz hören wir von unserem Hotelzimmer aus nachts auch oft vorbeifahren. Sicher wird sie auch zu anderen Einsätzen gerufen. Aber als wir nach einem frühen Abendessen in Downtown zu unserem Quartier in Japantown gelaufen sind, waren sehr viele Menschen unterwegs, die nur ihr Bündel zum Schlafen oder einen Einkaufswagen mit ihren Habseligkeiten dabeihatten.

Mehr als 500.000 Menschen ohne festen Wohnsitz

Warum gibt es das in einem so reichen Land wie den USA? Warum berührt mich das hier noch mehr als in Indien? Wie sehr wird sich die Lage unter der aktuellen Regierung verschlimmern? Warum soll auch noch der kleine Schutz, den Obamacare bietet, abgeschafft werden? Die Situation macht mich ratlos. Schon jetzt sind laut einer aktuellen Statistik mehr als eine halbe Million US-Bürger/innen ohne festen Wohnsitz, ein Viertel davon Kinder! Darüber hinaus sind rund 60 Prozent der Obdachlosen schwarz, so dass Menschenrechtler auch von einem Rassismusproblem sprechen, denn ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung beträgt nur ein Viertel. (Mehr Infos dazu in einem heute-Bericht: http://www.heute.de/san-francisco-rekordsumme-im-kampf-gegen-obdachlosigkeit-47148726.html)

Traurige top five

Seattle gehört übrigens zu den fünf Städten in den USA, in denen die meisten Obdachlosen leben. „Schlaflos in Seattle“ sind hier also sicher sehr viele – aber nicht wegen Liebeskummer.

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Hallo, ich bin Elke - und habe schon immer von einer Weltreise geträumt. Im April 2016 war es dann soweit: Zusammen mit meinem Mann Wolfgang bin ich 19 Monate am Stück durch Afrika, Asien, Australien und Amerika gereist und habe dabei viel Neues entdeckt. Zum Beispiel, dass ich als freiberufliche Texterin überall arbeiten kann, wo es WLAN gibt. Wir leben jetzt zwar trotzdem wieder in Deutschland, haben aber den Wohnort und so manche Perspektive gewechselt.

2 Kommentare

  • Mukuchan Tekbilek

    Die Regierung arbeitet nur daran das “Geldwert“ aufzuerhalten bzw. noch mehr die Währung zu stärken. Da hat die Menschenwürde den letzten Platz in der Rangliste. Traurig! Wenn man bedenkt daß bei uns immer mehr Menschen Pfandflaschen aus Abfalleimer fischen, werden hier auch ähnliche Zustände herrschen.

    • Elke

      Ich finde zwar auch, dass in Deutschland die Schere immer weiter auseinander geht. Aber wir haben eben doch genau das soziale Netz, das in den USA fehlt. So schnell wie in Seattle geht der Absturz bei uns nicht – und das finde ich sehr gut.

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